Was ist Clusterkopschmerz?
Der Clusterkopfschmerz ist eine seltene primäre Kopfschmerzerkrankung.
Was heißt das?
Wir unterscheiden grundlegend zwischen primären und sekundären Kopfschmerzarten. Letztere sind diejenigen, bei denen eine andere Erkrankung Ursache der Kopfschmerzen ist. Denken Sie beispielsweise an eine akute Stirnhöhlenentzündung, eine Blutdruckkrise oder auch einfach eine Kopfprellung. Solche Erkrankungen, die zu Kopfschmerzen führen können, gibt es natürlich in sehr großer Zahl. Dennoch überwiegen die primären Kopfschmerzen (zumindest im jüngeren Lebensalter) bei weitem – hier bildet der Kopfschmerz selbst die Erkrankung. Die mit großem Abstand häufigsten Vertreter dieser Gruppe sind Migräne und Spannungskopfschmerzen. Daneben gibt es aber einige seltene Formen, darunter eben den Clusterkopfschmerz, der korrekt erkannt und behandelt werden muss, damit den Betroffenen zeitnah die vorhandenen Therapien zugänglich gemacht werden können.
Welche Symptome treten auf?
Kennzeichnend sind einseitige Schmerzattacken von variabler, aber oft extrem heftiger Intensität, die meist hinter dem Auge und um das Auge herum auftreten und in die Schläfe (seltener bis zum Hinterkopf, in den Kiefer oder in die Schulter) ausstrahlen. Die Schmerzen betreffen in knapp 70% lebenslang die selbe Seite. Die Dauer beträgt unbehandelt zwischen 15 und 180 Minuten. Der Schmerz wird oft als unerträglich, bohrend oder reißend beschrieben. In der Attacke sind die meisten Betroffenen unruhig und suchen (ganz im Gegensatz zum Verhalten bei der Migräne) die Bewegung. Mehrheitlich zeigen die Schmerzepisoden eine bemerkenswerte Kopplung an eine bestimmte Uhrzeit und treten oft in der ersten Nachthälfte aus dem Schlaf heraus auf (Tagesrhythmik). Begleitend kommt es auf der betroffenen Seite zu Symptomen wie Augenrötung, Augentränen, laufende oder verstopfte Nase, hängendes Augenlid, Schwitzen an Stirn oder Gesicht. Dies weist auf eine Aktivierung des vegetativen (parasympathischen) Nervensystems hin, das solche unwillkürlichen (autonomen) Funktionen steuert. Der Clusterkopfschmerz gehört deshalb zur Gruppe der trigemino-autonomen Kopfschmerzen (TAKs), denen die Schmerzlokalisation (im Versorgungsgebiet des Trigeminusnerven) und das Auftreten der erwähnten Begleitsymptome gemeinsam ist. Darüber hinaus kommen (wie bei der Migräne) auch Licht- und Geräuschüberempfindlichkeit sowie Übelkeit häufig vor.
Verlauf
Namensgebend (Cluster = Haufen) ist die Besonderheit, dass die Schmerzattacken bei den meisten Betroffenen in Phasen auftreten, die oft in Frühjahr oder Herbst beginnen (saisonale Rhythmik) und über mehrere Wochen bis Monate andauern. In einer solchen aktiven Clusterepisode kommt es mindestens jeden zweiten Tag, oft aber auch mehrfach täglich (definitionsgemäß maximal acht Mal pro 24 Stunden) zu Schmerzattacken. Bei den meisten Betroffenen wechselt sich dies mit monate- oder auch jahrelangen beschwerdefreien Zeiten ab, wir sprechen dann von der episodischen Verlaufsform. Demgegenüber erleben etwa 20% der Betroffenen keine (oder nur weniger als drei Monate anhaltende) beschwerdefreie Zeiten; dies ist die chronische Verlaufsform.
Allgemeine Angaben
Der Clusterkopfschmerz kommt bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung vor. Als einziger primärer Kopfschmerz tritt er bei Männern deutlich häufiger auf (im Verhältnis 3:1). Das Erkrankungsalter liegt ganz überwiegend vor dem 40. Lebensjahr.
Ursachen
Diese sind weitgehend unbekannt. Die Tatsache, dass Clusterkopfschmerzen mit Tages- und saisonaler Rhythmik auftreten, legt jedoch nahe, dass die biologische Uhr, Licht und Schlaf an der Entstehung beteiligt sind. Diese Funktionen werden von einem tief im Gehirn liegenden Areal, dem Hypothalamus, gesteuert, dem man daher eine übergeordnete Rolle beim Clusterkopfschmerz zuschreibt. Mit speziellen bildgebenden Methoden konnte man inzwischen bestätigen, dass es in der Schmerzattacke zu einer Aktivierung des Hypothalamus kommt. Dies ist besonders relevant, da der Hypothalamus eng mit den schmerzleitenden und -verarbeitenden Strukturen im Gehirn verbunden ist. Somit erscheint eine von hier ausgehende Aktivierung der Schmerzfasern des Trigeminusnerven möglich.
Diagnose
Zunächst sollten durch eine neurologische Untersuchung und eine bildgebende Diagnostik mit Kernspintomographie des Kopfes andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, die das Bild eines Clusterkopfschmerzes imitieren können. Ansonsten stützt sich die Diagnose auf eine sorgfältige Anamnese und das im Grunde typische Beschwerdebild. Dennoch wird der Clusterkopfschmerz aufgrund zum Teil überlappender Symptome nicht selten mit Migräne oder auch mit der Trigeminusneuralgie verwechselt und leider oft erst mit jahrelanger Verzögerung diagnostiziert.
Therapie
Der Clusterkopfschmerz ist nicht heilbar, aber mehrheitlich gut behandelbar. Die Schmerzattacken lassen sich bei etwa 70% der Betroffenen durch die Inhalation von 100% Sauerstoff in hoher Menge (gemessen in Litern/Minute) über eine Gesichtsmaske innerhalb kurzer Zeit effektiv beenden (entsprechende Druckgasflaschen können zu diesem Zweck verordnet werden). Zudem können (wie bei der Migräne) Triptane eingesetzt werden, vorzugsweise als Nasenspray oder als Injektion unter die Haut. Nur so kann ein ausreichend schneller Wirkeintritt gewährleistet werden. Auch die Blockade des Hinterhauptsnerven mit einem örtlichen Betäubungsmittel kann wirksam sein. Für die vorbeugende Behandlung stehen Tablettentherapien wie Verapamil, Topiramat oder Lithium zur Verfügung. Da diese schrittweise eindosiert werden müssen, besteht die Option, die Zeit bis zum Wirkeintritt durch Kortison zu überbrücken. Nachrangig gibt es eine Reihe weiterer Therapieoptionen. Darüber hinaus empfehle ich allen Betroffenen, den Kontakt zum Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfe-Gruppen (CSG) e.V. zu suchen - hier ist man bestens über die Erkrankung informiert und unterstützt und berät Sie vielfältig.
Dr. B. Kukowski, Hildesheim
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